Aktuelles aus Reichenbach
Neufassung der Hebesatzsatzung zum 01.01.2025
Erstelldatum29.11.2024
Beschluss über den Hebesatz der Grundsteuer A und B zum 01.01.2025
Gemeinde Reichenbach strebt die Aufkommensneutralität an: Keine Erhöhung des Grundsteueraufkommens
Bisheriges Grundsteuerrecht
Bisher wurde für Grundstücke der sogenannte Einheitswert ermittelt. Dieser basiert in Baden-Württemberg auf den Wertverhältnissen von 1964. Aufgrund des sehr langen Zeitraums seit dem letzten Bewertungsstichtag (Hauptfeststellungszeitpunkt) sowie den mittlerweile eingetretenen Wertveränderungen und vor allem Wertverzerrungen erklärte das Bundesverfassungsgericht am 10. April 2018 die bisherigen Regelungen für verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht setzte dem Gesetzgeber eine Neuregelungsfrist bis Ende 2019 und daran anschließend eine weitere Übergangsfrist bis Ende 2024. Ab 2025 muss die Grundsteuer daher zwingend nach den neuen Regeln erhoben werden.
Auf Bundesebene wurde Ende 2019 ein Grundsteuerreformgesetz verabschiedet und damit die erste Frist des Bundesverfassungsgerichts eingehalten. Bestandteil des Gesetzespakets war auch eine Änderung des Grundgesetzes, die es den Ländern ermöglicht, von der Bundesregelung abzuweichen. Baden-Württemberg hat mit dem Landesgrundsteuergesetz von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Das Grundsteuer-Modell in Baden-Württemberg
Der Landtag von Baden-Württemberg hat im Jahr 2020 ein eigenes Grundsteuergesetz (LGrStG) erlassen. Das Gesetz bildet ab dem 1. Januar 2025 die neue rechtliche Grundlage für die Grundsteuer. Bei der Ermittlung der Grundsteuer für das Grundvermögen wählt das Land einen eigenen Weg, der vom Bundesmodell abweicht.
Als einziges Bundesland hat sich Baden-Württemberg für das Bodenwertmodell entschieden. Damit löst das "modifizierte Bodenwertmodell" bei der Grundsteuer B die bisherige Einheitsbewertung ab. Die Bewertung für die Grundsteuer B ergibt sich künftig ausschließlich aus dem Bodenwert. Dafür werden im Wesentlichen zwei Faktoren herangezogen: die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Beide Werte werden miteinander multipliziert und ergeben den sogenannten Grundsteuerwert (bislang Einheitswert). Auf die Bebauung kommt es dabei nicht an. Das Bewertungsergebnis wird mit der gesetzlich vorgegebenen Steuermesszahl multipliziert. Der daraus resultierende Wert ist der Grundsteuermessbetrag.
Die reine Bodenwertsteuer wird zudem auf der Ebene der Steuermesszahl modifiziert. Für Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen, wird die Steuermesszahl in Höhe von 30 Prozent verringert. In einem dritten und letzten Schritt wird dann der Hebesatz der Kommune auf den Grundsteuermessbetrag angewandt. Daraus ergibt sich schließlich die konkrete Grundsteuer.
Berechnungsverfahren der Grundsteuer
(modifiziertes Bodenwertmodell)
1. Ermittlung des Grundsteuerwerts:
Grundstücksgröße x Bodenrichtwert
2. Hinzuziehung der Steuermesszahl:
Für bebaute Grundstücke gilt eine Steuermesszahl von 1,3 ‰. Bei Grundstücken, die zu Wohnzwecken genutzt werden, erfolgt gemäß § 40 Abs. 3 LGrStG eine Reduzierung um 30 %.
3. Grundsteuermessbetrag:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl = Grundsteuermessbetrag
4. Grundsteuer:
Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuer
Ermittlung des Grundsteuerhebesatzes für die Gemeinde Reichenbach
Das jährliche Grundsteueraufkommen lag in den letzten Jahren bei etwa 1,45 Mio. € pro Jahr, wobei ein Anteil von etwa 5.000 € auf die Grundsteuer A fällt. Durch die Grundsteuerreform soll das Ziel der Aufkommensneutralität verfolgt werden. Aufkommensneutralität heißt in diesem Fall, dass die Gemeinde durch die Grundsteuerreform keine Mehreinnahmen im Vergleich zu den Vorjahren erwirtschaften wird. Jedoch wird sich eine Verschiebung der Grundsteuer der Grundstücke im Gemeindegebiet nicht vermeiden lassen. Hierauf hat die Gemeinde Reichenbach keinerlei Einfluss, da für die Grundsteuer B nur ein einheitlicher Hebesatz für die ganze Gemeinde festgelegt werden kann.
Zur Abschätzung des geeigneten Hebesatzes der Grundsteuer B für die Gemeinde Reichenbach wurde eine Modellberechnung aufgestellt. Diese Berechnung basiert auf den derzeit bekannten Steuermessbeträgen und dem geplanten jährlichen Grundsteueraufkommen. Aktuell liegen noch nicht für alle Grundstücke Messbeträge vor. Es ist daher aktuell nicht auszuschließen, dass der Grundsteuerhebesatz für die Grundsteuer B in den kommenden Jahren an die Gegebenheiten anzupassen ist.
Die Berechnung mit den vorliegenden Messbeträgen ergab einen Grundsteuerhebesatz von 217 v.H. für die Grundsteuer B. Für die Grundsteuer A wird der errechnete Hebesatz der Grundsteuer B verwendet, da es hier aktuell noch an belastbaren Daten durch das Finanzamt fehlt.
Nachfolgend wird die Hebesatzsatzung, gültig ab 01.01.2025, bekannt gemacht:
Gemeinde Reichenbach an der Fils
Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer
(Hebesatzsatzung) vom 19.11.2024
Auf Grund von § 4 der Gemeindeordnung und §§ 2 und 9 des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg in Verbindung mit §§ 1, 50 und 52 des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg und §§ 1, 4 und 16 des Gewerbesteuergesetzes hat der Gemeinderat der Gemeinde Reichenbach an der Fils am 19.11.2024 folgende Satzung beschlossen:
§ 1 Steuererhebung
(1) Die Gemeinde Reichenbach an der Fils erhebt von dem in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer nach den Vorschriften des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg.
(2) Sie erhebt Gewerbesteuer nach den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes von den stehenden Gewerbebetrieben mit Betriebsstätte in der Gemeinde Reichenbach an der Fils und den Reisegewerbebetrieben mit Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit in der Gemeinde.
§ 2 Steuerhebesätze
Die Hebesätze werden festgesetzt
1. für die Grundsteuer
a) für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) auf 217 v.H.,
b) für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 217 v.H.,
2. für die Gewerbesteuer auf 380 v.H.
der Steuermessbeträge.
§ 3 Geltungsdauer
Die in § 2 festgelegten Hebesätze gelten erstmals für das Kalenderjahr 2025.
§ 4 Grundsteuerkleinbeträge
Grundsteuerkleinbeträge im Sinne des § 52 Abs. 2 des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg werden fällig
a) am 15. August mit ihrem Jahresbetrag, wenn dieser 15 Euro nicht übersteigt;
b) am 15. Februar und 15. August zu je einer Hälfte ihres Jahresbetrags, wenn dieser 30 Euro nicht übersteigt.
§ 5 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer vom 23.11.2004 in der Fassung vom 21.04.2015 außer Kraft.
Ausgefertigt:
Reichenbach an der Fils, 20.11.2024
gez.
Bernhard Richter
Bürgermeister
Hinweis nach § 4 Abs. 4 der Gemeindeordnung:
Eine etwaige Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) oder aufgrund der GemO beim Zustandekommen dieser Satzung wird nach § 4 Abs. 4 GemO unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich oder elektronisch innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung dieser Satzung gegenüber der Gemeinde Reichenbach an der Fils geltend gemacht worden ist; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist zu bezeichnen. Dies gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzung, die Genehmigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind.